FAU CHREN Migrations-Expertin Prof. Dr. Petra Bendel im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk
Die Bundesregierung plant das Ende der sogenannten „Turbo-Einbürgerung“. Doch wie relevant war diese Regelung überhaupt? Migrations-Expertin Prof. Dr. Petra Bendel ordnet die Debatte im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk ein [1].
Was ist die „Turbo“-Einbürgerung?
Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom Juni 2024 ermöglichte die Ampel-Koalition besonders gut integrierten Menschen eine schnellere Einbürgerung – bereits nach drei Jahren Aufenthalt, statt wie bisher nach fünf.
Die Voraussetzung sind hoch:
- ein dreijähriger, gültiger Aufenthaltstitel
- geklärte Staatsangehörigkeit
- ein sehr hohes Niveau an Deutschkenntnissen (C1 des Europäischen Referenzrahmens)
- besonders gute Leistungen im Bildungs- und Arbeitsbereich oder ehrenamtliches Engagement
- den eigenen Lebensunterhalt und den von Familienmitgliedern ohne Unterstützung sichern können
- ein Bekenntnis zur Grundordnung und Straffreiheit
Prof. Bendel war 2021 Leiterin des Sachverständigenrats, der der Regierung die „Turbo-Einbürgerung“ empfohlen hatte [2].
Kein empirischer Beleg für „Pull-Faktor“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bezeichnet die von der Ampelkoalition erst letztes Jahr eingeführte Einbürgerungsmöglichkeit als „Irrweg“ und zählt sie zu den so genannten „Pull-Faktoren“, die er sukzessive abbauen will [3].
„Die Turbo-Einbürgerung war als Anreiz für eine schnelle Integration jener Eingewanderten gedacht, die bereits hier leben und sich – etwa als Fachkräfte – nicht nur kurz-, sondern auch langfristig bei uns niederlassen wollen. Für eine zusätzliche Anziehung aus dem Ausland – also einen sogenannten Pull-Faktor – gibt es hingegen keinerlei empirischen Beleg“, erklärt Prof. Bendel.
Wie viele dieser Einbürgerung gab es überhaupt?
Aufgrund der hohen Anforderungen haben laut Prof. Petra Bendel nur sehr wenige Personen diese Art der Einbürgerung in Anspruch nehmen können. Das bestätigen auch die Zahlen: Einbürgerungen nach drei oder vier Jahren Aufenthalt kamen in der Praxis kaum vor. Rheinland-Pfalz zählte 20 solcher Einbürgerungen, Baden-Württemberg 16, Niedersachsen vier, Hamburg drei, Thüringen weniger als drei, Bremen null. Nur Berlin registrierte mit 382 beschleunigten Einbürgerungen eine dreistellige Zahl [4] .
In Bayern seien es laut Innenministerium auf BR24-Anfrage gerade einmal 78 Menschen gewesen, die von der schnellen Einbürgerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben – das entspricht 0,14 Prozent der in diesem Zeitraum eingebürgerten Menschen [5].
„Die ‚Turbo-Einbürgerungen‘ sind ein schönes Beispiel dafür, dass reine Symbolpolitik allein eben nicht zwingend auch mit der konkreten Lebenswirklichkeit übereinstimmen muss“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistags, Achim Brötel (CDU), der Welt am Sonntag [6].
(FAU CHREN/nw)
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Petra Bendel ist Professorin für Politische Wissenschaft, Leiterin des Forschungsbereichs Migration, Flucht und Integration (MFI) sowie Gründungsmitglied des FAU CHREN.
BR-Artikel: „Turbo-Einbürgerung“ vor dem Aus: Die Zahlen dahinter“, 06.06.2025
FAU CHREN
Einzelnachweise:
[1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/turbo-einbuergerung-vor-dem-aus-die-zahlen-dahinter,Un38sBd
[2] https://www.br.de/nachrichten/bayern/turbo-einbuergerung-vor-dem-aus-die-zahlen-dahinter,Un38sBd
[3] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2025/06/bt-familiennachzug.html
[4] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/einbuergerungen-migration-100.html
[5] https://www.br.de/nachrichten/bayern/turbo-einbuergerung-vor-dem-aus-die-zahlen-dahinter,Un38sBd
[6] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/einbuergerungen-migration-100.html
FAU CHREN Migrations-Expertin Prof. Dr. Petra Bendel im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk
Die Bundesregierung plant das Ende der sogenannten „Turbo-Einbürgerung“. Doch wie relevant war diese Regelung überhaupt? Migrations-Expertin Prof. Dr. Petra Bendel ordnet die Debatte im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk ein [1].
Was ist die „Turbo“-Einbürgerung?
Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom Juni 2024 ermöglichte die Ampel-Koalition besonders gut integrierten Menschen eine schnellere Einbürgerung – bereits nach drei Jahren Aufenthalt, statt wie bisher nach fünf.
Die Voraussetzung sind hoch:
Prof. Bendel war 2021 Leiterin des Sachverständigenrats, der der Regierung die „Turbo-Einbürgerung“ empfohlen hatte [2].
Kein empirischer Beleg für „Pull-Faktor“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bezeichnet die von der Ampelkoalition erst letztes Jahr eingeführte Einbürgerungsmöglichkeit als „Irrweg“ und zählt sie zu den so genannten „Pull-Faktoren“, die er sukzessive abbauen will [3].
„Die Turbo-Einbürgerung war als Anreiz für eine schnelle Integration jener Eingewanderten gedacht, die bereits hier leben und sich – etwa als Fachkräfte – nicht nur kurz-, sondern auch langfristig bei uns niederlassen wollen. Für eine zusätzliche Anziehung aus dem Ausland – also einen sogenannten Pull-Faktor – gibt es hingegen keinerlei empirischen Beleg“, erklärt Prof. Bendel.
Wie viele dieser Einbürgerung gab es überhaupt?
Aufgrund der hohen Anforderungen haben laut Prof. Petra Bendel nur sehr wenige Personen diese Art der Einbürgerung in Anspruch nehmen können. Das bestätigen auch die Zahlen: Einbürgerungen nach drei oder vier Jahren Aufenthalt kamen in der Praxis kaum vor. Rheinland-Pfalz zählte 20 solcher Einbürgerungen, Baden-Württemberg 16, Niedersachsen vier, Hamburg drei, Thüringen weniger als drei, Bremen null. Nur Berlin registrierte mit 382 beschleunigten Einbürgerungen eine dreistellige Zahl [4] .
In Bayern seien es laut Innenministerium auf BR24-Anfrage gerade einmal 78 Menschen gewesen, die von der schnellen Einbürgerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben – das entspricht 0,14 Prozent der in diesem Zeitraum eingebürgerten Menschen [5].
„Die ‚Turbo-Einbürgerungen‘ sind ein schönes Beispiel dafür, dass reine Symbolpolitik allein eben nicht zwingend auch mit der konkreten Lebenswirklichkeit übereinstimmen muss“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistags, Achim Brötel (CDU), der Welt am Sonntag [6].
(FAU CHREN/nw)
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Petra Bendel ist Professorin für Politische Wissenschaft, Leiterin des Forschungsbereichs Migration, Flucht und Integration (MFI) sowie Gründungsmitglied des FAU CHREN.
BR-Artikel: „Turbo-Einbürgerung“ vor dem Aus: Die Zahlen dahinter“, 06.06.2025
FAU CHREN
Einzelnachweise:
[1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/turbo-einbuergerung-vor-dem-aus-die-zahlen-dahinter,Un38sBd
[2] https://www.br.de/nachrichten/bayern/turbo-einbuergerung-vor-dem-aus-die-zahlen-dahinter,Un38sBd
[3] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2025/06/bt-familiennachzug.html
[4] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/einbuergerungen-migration-100.html
[5] https://www.br.de/nachrichten/bayern/turbo-einbuergerung-vor-dem-aus-die-zahlen-dahinter,Un38sBd
[6] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/einbuergerungen-migration-100.html