Rückblick zur Buchveröffentlichung: „Feminist Judgments“ am FAU CHREN

Am 13.10.25 fand am FAU CHREN die Buchvorstellung mit anschließender Podiumsdiskussion zu „Feminist Judgments. Reimagining the International Criminal Court“ statt. Zu Gast am FAU CHREN waren die Herausgeberinnen Prof. Dr. Louise Chappell, Dr. Kcasey McLoughlin und Dr. Suzanne Varall sowie zahlreiche Speakerinnen.

Die Veranstaltung wurde vom FAU Forschungszentrum Center for Human Rights Erlangen-Nürnberg (FAU CHREN) in Zusammenarbeit mit der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien und dem UNSW Australian Human Rights Institute mit freundlicher Unterstützung der Alexander-von-Humboldt-Stiftung organisiert.

Mitorganisator:innen waren Dr. Janina Heaphy (Vorständin des FAU CHREN, Senior Researcher), Kiran Mohandas Menon (Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien, Referent), Prof. Dr. Eva Pils (Lehrstuhl für Human Rights Law, FAU, Vorständin des FAU CHREN) und Prof. Dr. Louise Chappell (Scientia Professor, University of New South Wales Sydney und ehemalige Direktorin des UNSW Australian Human Rights Institute).

Bucheinführung

McLoughlin K, Grey R, Chappell L, Varrall S, eds. Feminist Judgments: Reimagining the International Criminal Court. Cambridge University Press; 2025
McLoughlin K, Grey R, Chappell L, Varrall S, eds. Feminist Judgments: Reimagining the International Criminal Court. Cambridge University Press; 2025

Warum sind feministische Perspektiven auf Urteile des IStGH wichtig, und haben Fernkommandeure wirklich nur begrenzte Möglichkeiten, „notwendige und angemessene Maßnahmen“ zu ergreifen, um Kriegsverbrechen zu verhindern oder zu bestrafen? Am 13. Oktober 2025 veranstaltete das FAU CHREN zusammen mit der Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien und dem UNSW Australian Human Rights Institute die Vorstellung des wegweisenden Bandes Feminist Judgments: Reimagining the International Criminal Court (Cambridge University Press, Juli 2025), in dem diese und andere Diskussionen im Mittelpunkt stehen, die für das Thema der geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Kriegsverbrechen von zentraler Bedeutung sind. Die Veranstaltung wurde freundlicherweise von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung unterstützt.

Mit über 60 Beiträgen interpretiert das Buch frühere Urteile des IStGH aus einer intersektionalen feministischen Perspektive kritisch neu und repliziert sie. Mit dem Ziel, das Verhältnis zwischen geltendem Recht und Geschlechtergerechtigkeit neu zu definieren, untersucht der Band, wie Faktoren wie Geschlecht, Rasse, Nationalität und sexuelle Orientierung in der gängigen Auslegung des Völkerstrafrechts zusammenwirken. Die Vorstellung war Teil einer internationalen Reihe, zu der auch Veranstaltungen am LSE Centre for Women Peace and Security sowie am SciencePo Paris gehörten.

Wichtige Erkenntnisse aus den Podiumsdiskussionen und Forderungen nach Wandel

Methodik: Von der Perspektive zum Wandel

Michelle Jarvis (Deputy Head, International, Impartial and Independent Mechanism – Syria IIIM)

  • Beschrieb das Buch als „Schatzkiste“ mit unschätzbaren Leitlinien für Praktikerinnen wie sie selbst.
  • Stellte den feministischen Ansatz als transformative Kraft in einen Kontext, die sich von einer reinen Genderperspektive unterscheidet, und deutete an, dass das derzeitige System „Risse“ aufweist und das Ziel eine gerechtere Zukunft „ohne Hierarchien“ ist.

Herausgeberinnen über Möglichkeiten und Kontext

Dr. Kcasey McLoughlin (Associate Professor, The University of Newcastle-Australia), “The Value of the Feminist Judgment Method for the ICC”

  • betonte, dass das Buch aufzeigt, was innerhalb der Grenzen des Römischen Statuts möglich ist
  • betonte, dass ein feministischer Ansatz keine radikale Abkehr ist, sondern eine Übung darin, den Kontext und die Lebenserfahrungen von Frauen in die rechtliche Analyse einzubeziehen, was sich letztendlich für alle als vorteilhaft erweist

Prof. Dr. Louise Chappell (Scientia Professor, University of New South Wales Sydney), “The Limits of the Law and Alternative Views”

  • hob hervor, dass feministische Gerechtigkeit die Opfer in den Mittelpunkt stellt und den Umfang des Schadens über sexualisierte Gewalt hinaus erweitert, wobei sie darauf hinwies, dass Verbrechen wie Plünderungen tiefgreifende, geschlechtsspezifische wirtschaftliche Folgen für Frauen haben.
  • hofft, dass das Buch Praktiker:innen konkrete Beispiele dafür liefert, wie Geschlechtergerechtigkeit erreicht werden kann.

Fallstudien

Dr. Suzanne Varrall (Research Fellow, University of Melbourne),“Command Responsibility and Sexual Violence: Central African Republic Situation”

  • argumentierte, dass geschlechtsspezifische Gewalt in Konflikten nicht unvermeidlich sei
  • stellte einen Zusammenhang zu unzureichender Ausbildung und Aufsicht in Bezug auf die Befehlsverantwortung her und betonte, wie wichtig es sei, dass Richter:innen den Opfern und Überlebenden vorrangig Gehör schenken

Anushka Sehmi “Meaningful Participation of Victims: Sudan Situation”

  • plädierte für einen geschlechtersensiblen Ansatz, der eine effektive Kommunikation und Konsultation gewährleistet
  • betonte die Beteiligung der Opfer und respektiert deren Entscheidungsfreiheit bei der Wahl ihrer rechtlichen Vertretung

Die Sichtweise der Verteidigung

Marie O’Leary (Acting Principal Counsel, Office of Public Counsel for the Defence, ICC)

  • wies auf die Marginalisierung der Verteidigung und das derzeitige Fehlen einer geschlechtsspezifischen Verteidigungsstrategie hin
  • kam zu dem Schluss, dass eine feministische Perspektive auf alle Entscheidungen, Anordnungen und Strategien – nicht nur auf Urteile – angewendet werden muss, um Fragen wie Wiedergutmachung und den eigentlichen Zweck der Bestrafung wirksam anzugehen.

Die Diskussion endete mit einer Ansprache von Dr. Viviane Dittrich (stellvertretende Direktorin, Internationale Akademie für Nürnberger Prinzipien), einer Fragerunde und einer Gedichtlesung von Maxine Beneba Clarke.

Im Anschluss an die Veranstaltung fand ein Empfang mit einer Fotoausstellung von Azimul Hassan, Omal Khair und Dil Kayas statt.

Das Buch „Feminist Judgments. Reimagining the International Criminal Court” wurde von Cambridge University Press veröffentlicht und ist auch als Open-Access-Titel bei Cambridge Core erhältlich.

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